Gold ist eines der ältesten Medikamente in der
Geschichte der Menschheit. Wunderheiler, Scharlatane
und Ärzte verwenden seit Jahrtausenden das "Metall
des Lichts". Warum es heilt, können Wissenschaftler erst
jetzt erklären.
Es ist eines der ältesten Medikamente der
Menschheitsgeschichte: Aurum metallicum, das "Metall des
Lichts". Wunderheiler, Scharlatane, Ärzte verwenden den
Stoff gleichermaßen seit Jahrtausenden, heute noch in der
Zahnheilkunde, in der Rheumatherapie und vor allem der
Homöopathie etwa bei Depressionen, Angstzuständen und
Erschöpfung. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Gold auch
bei Syphilis und Tuberkulose verordnet und seit den
Zwanzigern des letzten Jahrhunderts werden Gold-
verbindungen als bewährte Basistherapie bei rheuma-
tischen Erkrankungen verabreicht.
Warum das mystische Metall tatsächlich heilen kann,
können Wissenschaftler erst jetzt zweifelsfrei erklären. In
winzigen Dosen hat Gold einen regulierenden Einfluss auf
das menschliche Immunsystem. Zu diesem Ergebnis kamen
schwedische und amerikanische Forscher. Danach
verhindern Goldsalze, dass aus dem Zellkern von
Immunzellen ein Protein austritt, welches
Entzündungsreaktionen auslöst.
Die Injektion von goldhaltigen Verbindungen ist mit starken
Nebenwirkungen verbunden und zeigt erst nach Monaten
einen therapeutischen Effekt. Daher wäre es hilfreich, diese
Wirkstoffe durch ähnlich wirkende neue Medikamente zu
ersetzen, schreiben die Wissenschaftler im "Journal of
Leukocyte Biology".
"Wir haben eigentlich nie verstanden, warum Goldsalze
überhaupt wirksam sind. Und nun, da wir den
Wirkmechanismus genauer kennen, könnten wir neue und
bessere Medikamente gegen rheumatoide Arthritis
entwickeln, die nach dem gleichen Prinzip funktionieren",
sagt David Pisetsky von der Duke University in Durham, ein
Mitglied des Forschungsteams.
Zusammen mit Kollegen des Karolinska-Instituts in
Stockholm untersuchte er die Rolle des Goldproteins
HMGB1 bei der Entstehung einer Arthritis. Das Eiweiß, das
sich durch Spuren des Edelmetalls stimulieren lässt, wirkt
auch innerhalb des Zellkerns bei der Aktivierung von Genen
mit. Außerhalb der Zelle aktiviert es das Immunsystem und
verstärkt Entzündungen. In Zellkulturen von aktivierten
tierischen und menschlichen Immunzellen - sogenannten
Makrophagen - konnten die Forscher durch Zugabe einer
organischen Goldverbindung die Freisetzung des
entzündungsfördernden Proteins blockieren. Eine ähnliche
Hemmwirkung hatte auch das anorganische Goldchlorid.
Inzwischen wird die Goldtherapie bei Rheuma nur noch in
etwa zehn Prozent der Fälle eingesetzt. Sie erfordert eine
intensive ärztliche Überwachung, weil Nebenwirkungen wie
allergische Hautreaktionen, Entzündungen der
Mundschleimhaut, Blutbildveränderungen und
Leberschäden bei den Patienten auftreten können.
Dank der jüngsten Erkenntnisse aus Schweden könnte die
Wirkung des Edelmetalls allerdings künftig für Mediziner
deutlich besser steuerbar werden. Goldene Zeiten für
Patienten.
Joachim Czichos und Ingeborg Bördlein
QUELLE
https://www.welt.de/wissenschaft/article1316229/Uraltes-Heilmittel-Gold-wird-jetzt-erklaert.html
welt.de
veröffentlicht am 31.10.2007