Physiker weisen Wirksamkeit von Edelmetall-Partikeln
gegen Bakterien nach
Multiresistente Bakterien sind eines der großen
Gesundheitsrisiken der Zukunft. An neuen, wirksamen
Strategien gegen solche Krankheitserreger forscht aber
nicht nur die Pharmazie, sondern auch die Physik. So
konnte nun ein internationales Physikerteam, darunter
auch Jean-Baptiste Fleury von der Universität des
Saarlandes, herausfinden, dass auch Goldpartikel gegen
Bakterien wirksam sein können. Die Studie haben sie in
der renommierten Fachzeitschrift „Advanced Materials“
publiziert.
Es gibt wohl kaum ein Metall, das eine stärkere Faszination
auf die Menschen ausübt als Gold. Das Edelmetall wird
schon seit Jahrtausenden als Zahlungsmittel genutzt und
hat eine überragende kulturelle Bedeutung. Zukünftig
könnte ihm aber auch eine wichtige Rolle im Kampf gegen
multiresistente Krankheitserreger zukommen. Wie
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland,
Frankreich, Spanien und Australien nun herausgefunden
haben, setzen Goldpartikel die Hülle von Bakterien unter
eine „tödliche Spannung“ und töten die Keime ab, indem sie
deren Hülle zerreißen.
„Es ist schon länger bekannt, dass metallische Nanopartikel
Bakterien abtöten können“, erklärt Dr. Jean-Baptiste Fleury,
der als Experimentalphysiker am Lehrstuhl von Professor
Ralf Seemann an der Universität des Saarlandes forscht.
Silberpartikel beispielsweise können in einer
biochemischen Reaktion Löcher in die Membranen der
Bakterien reißen. Und auch Kupfer ist schon länger für seine
antibakterielle Wirkung bekannt. „Goldnanopartikel sind aus
biochemischer Sicht allerdings völlig inaktiv und
durchqueren die Bakterienzellmembran nicht“, sagt Jean-
Baptiste Fleury. Eigentlich wäre von diesen also keine
Wirkung zu erwarten. „Kollegen der Universität Melbourne
haben allerdings überraschenderweise beobachten können,
dass Bakterien reihenweise sterben, wenn sie mit
Goldnanopartikeln zusammengebracht werden“, so der
Eperimentalphysiker weiter. „Es hatte den Anschein, als ob
die Bakterienmembran spontan explodiert wäre“, erklärt
Jean-Baptiste Fleury den massiven Effekt, den die
Goldpartikel offenbar erzielten.
Die australischen Wissenschaftler zogen den theoretischen
Physiker Dr. Vladimir Baulin von der Universität Rovira i
Virgili im spanischen Tarragona zu Rate. Der Experte
entwickelte zusammen mit seinem Team dort ein
theoretisches Modell, wie genau die Goldpartikel auf die
Membranen der Bakterien wirken. „Vereinfacht ausgedrückt,
sagte das Modell von Vladimir Baulin voraus, dass die
Zellmembran gedrückt wird wie ein Luftballon, bis dieser
schließlich platzt“, vergleicht Jean-Baptiste Fleury das
Modell.
An dieser Stelle nun kommt der Experimentalphysiker von
der Universität des Saarlandes ins Spiel. Seine Aufgabe war
es, die Beobachtungen der Australier und die theoretischen
Annahmen der Spanier im Experiment zu überprüfen. Jean-
Baptiste Fleury hat dafür mit mikrofluidischer Technik eine
Modell-Bakterienzellmembran hergestellt und die Reaktion
dieser Modellmembran in Kontakt mit den
Goldnanopartikeln untersucht. „Die Modell-Doppelschicht
zog sich dabei spontan bis zu ihrem vollständigen
Zusammenbruch zusammen, was die Hypothese einer
mechanischen Dehnung bestätigt“, sagt der
Experimentalphysiker.
Durch diesen experimentellen Nachweis des theoretischen
Modells kann man auf die Allgemeingültigkeit dieses
Mechanismus schließen, der für vielerlei Arten von
Bakterien Bestand hat, so das Fazit der Wissenschaftler.
Durch diese Entdeckung ist es möglicherweise denkbar,
neuartige, hochwirksame bakterienabweisende
Oberflächen zu entwickeln und so die Ausbreitung von
gefährlichen multiresistenten Keimen zu verhindern.
Da die Arbeit von grundlegender Bedeutung ist, wurde sie
im Fachjournal „Advanced Materials“ veröffentlicht, das zu
den einflussreichsten Journalen auf dem Gebiet der
Materialwissenschaft zählt.
QUELLE
https://nachrichten.idw-online.de/2020/11/17/mit-gold-gegen-keime-
physiker-weisen-wirksamkeit-von-edelmetall-partikeln-gegen-bakterien-
nach
veröffentlicht am 17.11.2022